Vorlesung 3

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@ -170,13 +170,7 @@ Damit sind wir überzeugt, dass das Bauteil A heil ist.
Den Beweis, dass das Teil A heil ist, werden wir als "Beweisbaum" formalisieren:
```
[AK] AK→BK
AKBK BK [BK]
BK RL
BK∧RL (BK∧RL)→ ¬AK
¬AK
```
![](Assets/Logik-Beweisbaum.png)
In der Aussagenlogik gehen wir von "Aussagen" aus, denen wir (zumindest prinzipiell) Wahrheitswerte zuordnen können.
@ -412,24 +406,24 @@ $$\frac{\bot}{\varphi} (raa)$$
## Regeln des natürlichen Schließens
> Definition
>
> Für eine Formelmenge $\Gamma$ und eine Formel $\varphi$ schreiben wir $\Gamma\vdash\varphi$ wenn es eine Deduktion gibt mit Hypothesen aus $\Gamma$ und Konklusion $\varphi$. Wir sagen "$\varphi$ ist eine syntaktische Folgerung von $\Gamma$".
> Für eine Formelmenge $\Gamma$ und eine Formel $\varphi$ schreiben wir $\Gamma\Vdash\varphi$ wenn es eine Deduktion gibt mit Hypothesen aus $\Gamma$ und Konklusion $\varphi$. Wir sagen "$\varphi$ ist eine syntaktische Folgerung von $\Gamma$".
>
> Eine Formel $\varphi$ ist ein Theorem, wenn $\varnothing\vdash\varphi$ gilt.
> Eine Formel $\varphi$ ist ein Theorem, wenn $\varnothing\Vdash\varphi$ gilt.
### Bemerkung
$\Gamma\vdash\varphi$ sagt (zunächst) nichts über den Inhalt der Formeln in $\Gamma\cup\{\varphi\}$ aus, sondern nur über die Tatsache, dass $\varphi$ mithilfe des natürlichen Schließens aus den Formeln aus $\Gamma$ hergeleitet werden kann.
$\Gamma\Vdash\varphi$ sagt (zunächst) nichts über den Inhalt der Formeln in $\Gamma\cup\{\varphi\}$ aus, sondern nur über die Tatsache, dass $\varphi$ mithilfe des natürlichen Schließens aus den Formeln aus $\Gamma$ hergeleitet werden kann.
Ebenso sagt "$\varphi$ ist Theorem" nur, dass $\varphi$ abgeleitet werden kann, über "Wahrheit" sagt dieser Begriff (zunächst) nichts aus.
### Satz
Für alle Formeln $\varphi$ und $\psi$ gilt $\{\lnot(\varphi\vee\psi)\}\vdash\lnot\varphi\wedge\lnot\psi$.
Für alle Formeln $\varphi$ und $\psi$ gilt $\{\lnot(\varphi\vee\psi)\}\Vdash\lnot\varphi\wedge\lnot\psi$.
Beweis: Wir geben eine Deduktion an...
- $\{\lnot\varphi\wedge\lnot\psi\}\vdash\lnot(\varphi\vee\psi)$
- $\{\lnot\varphi\wedge\lnot\psi\}\Vdash\lnot(\varphi\vee\psi)$
![](Assets/Logik-beispiel-1.png)
- $\{\lnot\varphi\vee\lnot\psi\}\vdash\lnot(\varphi\wedge\psi)$
- $\{\lnot\varphi\vee\lnot\psi\}\Vdash\lnot(\varphi\wedge\psi)$
![](Assets/Logik-beispiel-2.png)
- $\{\varphi\vee\psi\} \vdash \psi\vee\varphi$
- $\{\varphi\vee\psi\} \Vdash \psi\vee\varphi$
![](Assets/Logik-beispiel-3.png)
### Satz
@ -437,15 +431,216 @@ Für jede Formel $\varphi$ ist $\lnot\lnot\varphi\rightarrow\varphi$ ein Theorem
Beweis: Wir geben eine Deduktion mit Konklusion $\lnot\lnot\varphi\rightarrow\varphi$ ohne Hypothesen an...
![](Assets/Logik-beispiel-5.png)
### Satz
Für jede Formel $\varphi$ ist $\varphi\vee\lnot\varphi$ ein Theorem.
Beweis: Wir geben eine Deduktion mit Konklusion $\varphi\vee\lnot\varphi$ ohne Hypothesen an...
![](Assets/Logik-beispiel-6.png)
Bemerkung: Man kann beweisen, dass jede Deduktion der letzten beiden Theoreme die Regel (raa) verwendet, sie also nicht "intuitionistisch" gelten.
### Satz
$\{\lnot(\varphi\wedge\psi)\}\vdash\lnot\varphi\vee\lnot\psi$
$\{\lnot(\varphi\wedge\psi)\}\Vdash\lnot\varphi\vee\lnot\psi$
![](Assets/Logik-beispiel-4.png)
## Semantik
Formeln sollen Verknüpfungen von Aussagen widerspiegeln, wir haben dies zur Motivation der einzelnen Regeln des natürlichen Schließens genutzt.
Aber die Begriffe „syntaktische Folgerung“ und „Theorem“ sind rein syntaktisch definiert.
Erst die jetzt zu definierende „Semantik“ gibt den Formeln „Bedeutung“.
Idee der Semantik: wenn man jeder atomaren Formel $p_i$ einen Wahrheitswertzuordnet, so kann man den Wahrheitswert jeder Formel berechnen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Wahrheitswerte zu definieren:
- zweiwertige oder Boolesche Logik $B=\{0,1\}$: Wahrheitswerte „wahr“=1 und „falsch“= 0
- dreiwertige Kleene-Logik $K_3=\{0,\frac{1}{2},1\}$: zusätzlicher Wahrheitswert „unbekannt“$=\frac{1}{2}$
- Fuzzy-Logik $F=[0,1]$: Wahrheitswerte sind „Grad der Überzeugtheit“
- unendliche Boolesche Algebra $B_R$= Menge der Teilmengen von $\mathbb{R}$; $A\subseteq\mathbb{R}$ ist „Menge der Menschen, die Aussage für wahr halten“
- Heyting-Algebra $H_R$= Menge der offenen Teilmengen von $\mathbb{R}$
- Erinnerung: $A\subseteq\mathbb{R}$ offen, wenn $\forall a\in A\exists\epsilon >0:(a-\epsilon,a+\epsilon)\subseteq A$, d.h., wenn $A$ abzählbare Vereinigung von offenen Intervallen $(x,y)$ ist.
Beispiele:
- offen: $(0,1), \mathbb{R}_{>0}, \mathbb{R}\backslash\{0\}, \mathbb{R}\backslash\mathbb{N}$
- nicht offen: $[1,2), \mathbb{R}_{\geq 0}, \mathbb{Q}, \mathbb{N}, \{\frac{1}{n} | n\in\mathbb{N}\}, \mathbb{R}\backslash\mathbb{Q}$
Sei W eine Menge von Wahrheitswerten.\\
Eine W-Belegungist eine Abbildung $B:V\rightarrow W$, wobei $V\subseteq\{p_0 ,p_1 ,...\}$ eine Menge atomarer Formeln ist.
Die W-Belegung $B:V\rightarrow W$ paßt zur Formel $\phi$, falls alle atomaren Formeln aus $\phi$ zu V gehören.
Sei nun B eine W-Belegung. Was ist der Wahrheitswert der Formel $p_0\vee p_1$ unter der Belegung B?
Zur Beantwortung dieser Frage benötigen wir eine Funktion $\vee_W :W\times W\rightarrow W$ (analog für $\wedge,\rightarrow,\lnot$).
## Wahrheitswertebereiche
> Definition: Sei W eine Menge und $R\subseteq W\times W$ eine binäre Relation.
- R ist reflexiv, wenn $(a,a)\in R$ für alle $a\in W$ gilt.
- R ist antisymmetrisch, wenn $(a,b),(b,a)\in R$ impliziert, dass $a=b$ gilt (für alle $a,b\in W$).
- R ist transitive, wenn $(a,b),(b,c)\in R$ impliziert, dass $(a,c)\in R$ gilt (für alle $a,b,c\in W$).
- R ist eine Ordnungsrelation, wenn R reflexiv, antisymmetrisch und transitiv ist. In diesem Fall heißt das Paar $(W,R)$ eine partiell geordnete Menge.
Beispiel
1. Sei $\leq$ übliche Ordnung auf $\mathbb{R}$und $W\subseteq\mathbb{R}$. Dann ist $(W,\leq)$ partiell geordnete Menge.
2. Sei $X$ eine Menge und $W\subseteq P(X)$. Dann ist $(W,\subseteq)$ partiell geordnete Menge.
3. Sei $W=P(\sum )$ und $\leq_p$ die Relation „es gibt Polynomialzeitreduktion“ (vgl. „Automaten, Sprachen und Komplexität“). Diese Relation ist reflexiv, transitiv, aber nicht
antisymmetrisch (denn $3-SAT\leq_p HC$ und $HC\leq_p 3-SAT$).
> Definition: Sei $(W,\leq)$ partiell geordnete Menge, $M\subseteq W$ und $a\in W$.
- a ist obere Schranke von $M$, wenn $m\leq a$ für alle $m\in M$ gilt.
- a ist kleinste obere Schranke oder Supremum von $M$, wenn $a$ obere Schranke von $M$ ist und wenn $a\leq b$ für alle oberen Schranken $b$ von $M$ gilt. Wir schreiben in diesem Fall $a=sup \ M$.
- a ist untere Schranke von $M$, wenn $a\leq m$ für alle $m\in M$ gilt.
- a ist größte untere Schranke oder Infimum von $M$, wenn a untere Schranke von $M$ ist und wenn $b\leq a$ für alle unteren Schranken $b$ von $M$ gilt. Wir schreiben in diesem Fall $a=inf\ M$.
Beispiel
1. betrachte $(W,\leq)$ mit $W=\mathbb{R}$ und $\leq$ übliche Ordnung auf $\mathbb{R}$.
- Dann gelten $sup[0,1] = sup(0,1) =1$.
- $sup\ W$ existiert nicht (denn $W$ hat keine obere Schranke).
2. betrachte $(W,\subseteq)$ mit $X$ Menge und $W =P(X)$.
- $sup\ M=\bigcup_{A\in M} A$ für alle $M\subseteq W$
3. betrachte $(W,\subseteq)$ mit $W=\{\{0\},\{1\},\{0,1,2\},\{0,1,3\}\}$.
- $sup\{\{0\},\{0,1,2\}\}=\{0,1,2\}$
- $\{0,1,2\}$ und $\{0,1,3\}$ sind die oberen Schranken von $M=\{\{0\},\{1\}\}$, aber $M$ hat kein Supremum
> Definition: Ein (vollständiger) Verband ist eine partiell geordnete Menge $(W,\leq)$, in der jede Menge $M\subseteq W$ ein Supremum $sup\ M$ und ein Infimum $inf\ M$ hat.
In einem Verband $(W,\leq)$ definieren wir:
- $0_W = inf\ W$ und $1_W= sup\ W$
- $a\wedge_W b= inf\{a,b\}$ und $a\vee_W b= sup\{a,b\}$ für $a,b\in W$
Bemerkung: In jedem Verband $(W,\leq)$ gelten $0_W= sup\ \varnothing$ und $1_W= inf\ \varnothing$ (denn jedes Element von $W$ ist obere und untere Schranke von $\varnothing$).
> Definition: Ein Wahrheitswertebereich ist ein Tupel $(W,\leq,\rightarrow W,\lnot W)$, wobei $(W,\leq)$ ein Verband und $\rightarrow W:W^2 \rightarrow W$ und $\lnot W:W\rightarrow W$ Funktionen sind.
### Beispiel
- Der Boolesche Wahrheitswertebereich B ist definiert durch die Grundmenge $B=\{0,1\}$, die natürliche Ordnung $\leq$ und die Funktionen $\lnot_B (a) = 1-a$, $\rightarrow_B(a,b) = max(b, 1 -a)$. Hier gelten:
- $0_B=0$, $1_B= 1$,
- $a\wedge_B b= min(a,b)$, $a\vee_B b= max(a,b)$
- Der Kleenesche Wahrheitswertebereich $K_3$ ist definiert durch die Grundmenge $K_3=\{0,\frac{1}{2},1\}$ mit der natürlichen Ordnung $\leq$ und durch die Funktionen $\lnot_{K_3} (a) = 1 -a $, $\rightarrow_{K_3} (a,b) = max(b, 1-a)$. Hier gelten:
- $\lnot_{K_3} = 0$, $1_{K_3} = 1$
- $a\wedge_{K_3} b= min(a,b)$, $a\vee_{K_3} b= max(a,b)$
- Der Wahrheitswertebereich F der Fuzzy-Logik ist definiert durch die Grundmenge $F=[0,1]\subseteq\mathbb{R}$ mit der natürlichen Ordnung $\leq$ und durch die Funktionen $\lnot_F (a) = 1-a$, $\rightarrow_F (a,b) = max(b, 1-a)$. Hier gelten:
- $0_F= 0$, $1_F= 1$
- $a\wedge_F b= min(a,b)$, $a\vee_F b= max(a,b)$
- Der Boolesche Wahrheitswertebereich $B_R$ ist definiert durch die Grundmenge $B_R=\{A|A\subseteq \mathbb{R}\}$ mit der Ordnung $\subseteq$ und durch die Funktionen $\lnot_{B_R} (A) =\mathbb{R}\backslash A$, $\rightarrow_{B_R} (A,B) = B\cup\mathbb{R}\backslash A$. Hier gelten:
- $0_{B_R}=\varnothing$, $1_{B_R}=\mathbb{R}$
- $A\wedge_{B_R} B=A\cap B$, $A\vee_{B_R} B=A\cup B$
- Der Heytingsche Wahrheitswertebereich $H_R$ ist definiert durch die Grundmenge $HR=\{A\subseteq\mathbb{R} | \text{A ist offen}\}$, die Ordnung $\subseteq$ und durch die Funktionen $\lnot_{H_R} (A) = Inneres(\mathbb{R}\backslash A)$, $\rightarrow_{H_R} (A,B) =Inneres(B\cup \mathbb{R}\backslash A)$. Hier gelten:
- $0_{H_R}=\varnothing$, $1_{H_R}=\mathbb{R}$
- $A\wedge_{H_R} B= A\cap B$, $A\vee_{H_R} B=A\cup B$
- Erinnerung: $Inneres(A) =\{a\in A|\exists \epsilon > 0 : (a-\epsilon,a+\epsilon)\subseteq A\}$
- Beispiele: $Inneres((0,1))=(0,1)=Inneres([0,1]),Inneres(N)=\varnothing,Inneres(\mathbb{R}_{\geq 0}) = \mathbb{R}_{> 0}$
Sei W ein Wahrheitswertebereich und B eine W-Belegung. Induktiv über den Formelaufbau definieren wir den Wahrheitswert $\hat{B}(\phi)\in W$ jeder zu $B$ passenden Formel $\phi$:
- $\hat{B}(\bot) = 0_W$
- $\hat{B}(p) = B(p)$ falls $p$ eine atomare Formel ist
- $\hat{B}((\phi\wedge \psi )) = \hat{B}(\phi)\wedge_W \hat{B}(\psi )$
- $\hat{B}((\phi\vee \psi )) = \hat{B}(\phi)\vee_W \hat{B}(\psi )$
- $\hat{B}((\phi\rightarrow \psi )) = \rightarrow W(\hat{B}(\phi),\hat{B}(\psi ))$
- $\hat{B}(\lnot\phi) = \lnot W(\hat{B}(\phi))$
Wir schreiben im folgenden $B(\phi)$ anstatt $\hat{B}(\phi)$.
Beispiel: Betrachte die Formel $\phi= ((p\wedge q)\rightarrow (q\wedge p))$.
- Für eine beliebige B-Belegung $B:\{p,q\}\rightarrow B$ gilt $B((p\wedge q)\rightarrow (q\wedge p)) = max(B(q\wedge p), 1 -B(p\wedge q)) = max(min(B(q),B(p)), 1 -min(B(p),B(q))) = 1 = 1_B$
- Für die $K_3$-Belegung $B:\{p,q\}\rightarrow K_3$ mit $B(p) =B(q) = \frac{1}{2}$} gilt $B((p\wedge q)\rightarrow (q\wedge p)) = max(B(q\wedge p), 1 -B(p\wedge q))= max(min(B(q),B(p)), 1 -min(B(p),B(q))) = \frac{1}{2} \not= 1_{K_3}$
- analog gibt es eine F-Belegung $B:\{p,q\}\rightarrow F$, so dass $B((p\wedge q)\rightarrow (q\wedge p)) \not = 1_F$ gilt.
- Für eine beliebigeHR-Belegung $B:\{p,q\}\rightarrow H_R$ gilt $B((p\wedge q)\rightarrow (q\wedge p)) = Inneres(B(q\wedge p)\cup \mathbb{R}\backslash B(p\wedge q)) = Inneres((B(q)\cap B(p))\cup \mathbb{R}\backslash (B(p)\cap B(q))) = Inneres(\mathbb{R}) = \mathbb{R} = 1_{H_R}$
## Folgerung und Tautologie
Sei W ein Wahrheitswertebereich.
Eine Formel $\phi$ heißt eine W-Folgerung der Formelmenge $\Gamma$, falls für jede W-Belegung B, die zu allen Formeln aus $\Gamma \cup\{\phi\}$ paßt, gilt:
$inf\{B(\gamma )|\gamma \in \Gamma \}\leq B(\phi)$
Wir schreiben $\Gamma \Vdash W\phi$, falls $\phi$ eine W-Folgerung von $\Gamma$ ist.
Bemerkung: Im Gegensatz zur Beziehung $\Gamma \vdash \phi$, d.h. zur syntaktischen Folgerung, ist $\Gamma \Vdash W \phi$ eine semantische Beziehung.
Eine W-Tautologie ist eine Formel $\phi$ mit $\varnothing \Vdash W\phi$, d.h. $B(\phi) = 1_W$ für alle passenden W-Belegungen B (denn $inf\{\hat{B}(\gamma )|\gamma \in \varnothing \}= inf \varnothing = 1_W)$.
Wahrheitstafel für den Booleschen Wahrheitswertebereich B:
| RL | AK | BK | $AK\vee BK$ | $AK\rightarrow BK$ | $(BK\wedge RL)\rightarrow\lnot AK$ | RL | $\lnot AK$ |
| --- | --- | --- | --- | --- | --- | --- | --- |
0 |0 |0 |0 |1 |1 |0 |1
0 |0 |1 |1 |1 |1 |0 |1
0 |1 |0 |1 |0 |1 |0 |0
0 |1 |1 |1 |1 |1 |0 |0
1 |0 |0 |0 |1 |1 |1 |1
1 |0 |1 |1 |1 |1 |1 |1
1 |1 |0 |1 |0 |1 |1 |0
1 |1 |1 |1 |1 |0 |1 |0
Wir erhalten also $\{(AK\vee BK),(AK\rightarrow BK), ((BK\wedge RL)\rightarrow \lnot AK),RL\} \Vdash_B \lnot AK$
und können damit sagen:
„Wenn die Aussagen „Bauteil A oder Bauteil B ist kaputt“ und „daraus, dass Bauteil A kaputt ist, folgt, dass Bauteil B kaputt ist“ und... wahr sind, ... dann kann man die Folgerung ziehen: die Aussage „das Bauteil A ist heil“ ist wahr.“
Erinnerung aus der ersten Vorlesung: $\{(AK\vee BK),(AK\rightarrow BK), ((BK\wedge RL)\rightarrow \lnot AK),RL\} \vdash \lnot AK$
Beispiel
Sei $\phi$ beliebige Formel mit atomaren Formeln in V.
- Sei $B:V\rightarrow B$ eine B-Belegung. Dann gilt
$B(\lnot\lnot\phi\rightarrow\phi) = \rightarrow B(\lnot B\lnot B(B(\phi)),B(\phi)) = max(B(\phi), 1 -( 1 -( 1 -B(\phi)))) = max(B(\phi), 1 -B(\phi)) = 1 = 1_B$.
Also ist $\lnot\lnot\phi\rightarrow\phi$ eine B-Tautologie (gilt ebenso für den Wahrheitswertebereich $B_R$).
- Sei $B:V\rightarrow H_R$ eine $H_R$-Belegung mit $B(\phi) =R\backslash\{0\}$. Dann gelten
- $B(\lnot\phi) = Inneres(\mathbb{R}\backslash B(\phi)) = Inneres(\{0\}) =\varnothing$
- $B(\lnot\lnot\phi) = Inneres(\mathbb{R}\backslash B(\lnot\phi)) = Inneres(\mathbb{R}) = \mathbb{R}$
- $B(\lnot\lnot\phi\rightarrow\phi) = \rightarrow_{H_R} (B(\lnot\lnot\phi),B(\phi)) = \rightarrow_{H_R} (\mathbb{R},\mathbb{R}\backslash \{0\}) = Inneres(\mathbb{R}\backslash\{0\}\cup\mathbb{R}\backslash\mathbb{R}) = \mathbb{R}\backslash\{0\}\not =\mathbb{R}= 1_{H_R}$
Also ist $\lnot\lnot\phi\rightarrow\phi$ keine $H_R$-Tautologie (gilt ebenso für die Wahrheitswertebereiche $K_3$ und $F$).
- Sei $B:V\rightarrow B$ eine B-Belegung. Dann gilt
$B(\phi\vee\lnot\phi) = max(B(\phi), 1 -B(\phi)) = 1 = 1_B$.
Also ist $\phi\vee\lnot\phi$ eine B-Tautologie (gilt ebenso für den Wahrheitswertebereich $B_R$).
- Sei $B:V\rightarrow H_R$ eine $H_R$-Belegung mit $B(\phi)=\mathbb{R}\backslash\{0\}$. Dann gilt
$B(\phi\vee\lnot\phi) = B(\phi)\cup B(\lnot\phi) = \mathbb{R}\backslash\{0\}\cup \varnothing \not= 1_{H_R}$.
Also ist $\phi\vee\lnot\phi$ keine $H_R$-Tautologie (gilt ebenso für die Wahrheitswertebereiche $K_3$ und $F$).
- Sei $B:V\rightarrow B$ eine B-Belegung. Dann gilt
$B(\lnot\phi\rightarrow\bot) = \rightarrow_B(B(\lnot\phi$),B(\bot)) = max(0,1-B(\lnot \phi)) = 1 -( 1 -B(\phi)) =B(\phi)$.
Also haben wir $\{\lnot\phi\rightarrow\bot\}\Vdash B\phi$ und $\{\phi\}\Vdash B\lnot \phi\rightarrow\bot$.
- Ebenso erhält man:
- $\{\lnot\phi\rightarrow\bot\}\Vdash_{K_3} \phi$
- $\{\phi\}\Vdash_{K_3} \lnot\phi\rightarrow\bot$
- $\{\lnot\phi\rightarrow\bot\}\Vdash_F\phi$
- $\{\phi\}\Vdash F\lnot\phi\rightarrow\bot$
- Sei $B:D\rightarrow H_R$ eine $H_R$-Belegung mit $B(\phi) =\mathbb{R}\backslash\{0\}$. Dann gilt
$B(\lnot\phi\rightarrow\bot) = Inneres(B(\bot )\cup \mathbb{R}\backslash B(\lnot\phi))= Inneres(\varnothing \cup \mathbb{R}\backslash\varnothing)= \mathbb{R} \not\supseteq B(\phi)$.
also $\{\lnot\phi\rightarrow\bot\}\not\Vdash_{H_R} \phi$.
Es gilt aber $\{\phi\}\Vdash_{H_R}\lnot \phi\rightarrow\bot$.
Zusammenfassung der Beispiele
| | B | $B_R$ | $K_3$ | F | $H_R$ | |
| --- |--- | --- |--- | --- | --- | --- |
| $\varnothing\Vdash_W\lnot\lnot\phi\rightarrow\phi$ | √ | √ | | | | $\varnothing\vdash \lnot\lnot\phi\rightarrow\phi$ |
| $\varnothing\Vdash_W\phi\vee\lnot\phi$ | √ | √ || | | $\varnothing\vdash\phi\vee\lnot\phi$
| $\{\lnot\phi\rightarrow\bot\}\Vdash_W\phi$ | √ | √ |√ |√ | | $\{\lnot\phi\rightarrow\bot\}\vdash\phi$ |
| $\{\phi\}\Vdash_W\lnot\phi\rightarrow\bot$ | √| √ |√ |√ |√ | $\{\phi\}\vdash\lnot\phi\rightarrow\bot$
- $√$ in Spalte W:W-Folgerung gilt
- $-$ in Spalte W:W-Folgerung gilt nicht
> Überblick: Wir haben definiert
- $\Gamma\vdash\phi$ syntaktische Folgerung
- Theorem („hypothesenlos ableitbar“)
- $\Gamma\Vdash_W \phi$ (semantische) W-Folgerung
- W-Tautologie („wird immer zu 1Wausgewertet“)
Frage: Was ist die Beziehung zwischen diesen Begriffen, insbes. zwischen „Theorem“ und „W-Tautologie“? Da z.B. B-Folgerung $\not =K_3$-Folgerung, hängt die Anwort von W ab.