diff --git a/Assets/Logik-beispiel-10.png b/Assets/Logik-beispiel-10.png new file mode 100644 index 0000000..b71c4f3 Binary files /dev/null and b/Assets/Logik-beispiel-10.png differ diff --git a/Assets/Logik-beispiel-8.png b/Assets/Logik-beispiel-8.png new file mode 100644 index 0000000..187172d Binary files /dev/null and b/Assets/Logik-beispiel-8.png differ diff --git a/Assets/Logik-beispiel-9.png b/Assets/Logik-beispiel-9.png new file mode 100644 index 0000000..6668cc3 Binary files /dev/null and b/Assets/Logik-beispiel-9.png differ diff --git a/Assets/Logik-deduktion-1.png b/Assets/Logik-deduktion-1.png new file mode 100644 index 0000000..59f919c Binary files /dev/null and b/Assets/Logik-deduktion-1.png differ diff --git a/Assets/Logik-deduktion-2.png b/Assets/Logik-deduktion-2.png new file mode 100644 index 0000000..1b989a4 Binary files /dev/null and b/Assets/Logik-deduktion-2.png differ diff --git a/Assets/Logik-parkettierung-1.png b/Assets/Logik-parkettierung-1.png new file mode 100644 index 0000000..a9e8bd9 Binary files /dev/null and b/Assets/Logik-parkettierung-1.png differ diff --git a/Logik und Logikprogrammierung.md b/Logik und Logikprogrammierung.md index 519571f..bcffbe5 100644 --- a/Logik und Logikprogrammierung.md +++ b/Logik und Logikprogrammierung.md @@ -488,7 +488,7 @@ Beispiel 1. Sei $\leq$ übliche Ordnung auf $\mathbb{R}$und $W\subseteq\mathbb{R}$. Dann ist $(W,\leq)$ partiell geordnete Menge. 2. Sei $X$ eine Menge und $W\subseteq P(X)$. Dann ist $(W,\subseteq)$ partiell geordnete Menge. 3. Sei $W=P(\sum ∗)$ und $\leq_p$ die Relation „es gibt Polynomialzeitreduktion“ (vgl. „Automaten, Sprachen und Komplexität“). Diese Relation ist reflexiv, transitiv, aber nicht -antisymmetrisch (denn $3-SAT\leq_p HC$ und $HC\leq_p 3-SAT$). +antisymmetrisch (denn $3-SAT\leq_p HC$ und $HC\leq_p_3-SAT$). > Definition: Sei $(W,\leq)$ partiell geordnete Menge, $M\subseteq W$ und $a\in W$. - a ist obere Schranke von $M$, wenn $m\leq a$ für alle $m\in M$ gilt. @@ -843,3 +843,297 @@ Beweis: - $\Rightarrow$ Wir erhalten die folgende Deduktion: $\frac{\bot}{\lnot\varphi}$ - $\Rightarrow$ $\Delta\vdash\lnot\varphi\Rightarrow\lnot\varphi\in\Delta$ (nach Lemma 1) +## Erfüllbare Mengen + +> Definition +> +> Sei $\Gamma$ eine Menge von Formeln. $\Gamma$ heißt erfüllbar, wenn es eine passende B-Belegung $B$ gibt mit $B(\gamma) = 1_B$ für alle $\gamma\in\Gamma$. + +Bemerkung +- Die Erfüllbarkeit einer endlichen Menge $\Gamma$ ist entscheidbar: + - Berechne Menge $V$ von in $\Gamma$ vorkommenden atomaren Formeln + - Probiere alle B-Belegungen $B:V\rightarrow B$ durch +- Die Erfüllbarkeit einer endlichen Menge $\Gamma$ ist NP-vollständig (Satz von Cook) + +> Satz +> Sei $\Delta$ eine maximal konsistente Menge von Formeln. Dann ist $\Delta$ erfüllbar. + +Beweis: Definiere eine B-Belegung $B$ mittels $B(p_i) = \begin{cases} 1_B \quad\text{ falls } p_i\in\Delta \\ 0_B \quad\text{ sonst. } \end{cases}$ +Wir zeigen für alle Formeln $\varphi: B(\varphi) = 1_B \Leftarrow\Rightarrow\varphi\in\Delta$ (*) + +Der Beweis erfolgt per Induktion über die Länge von $\varphi$. + +1. I.A.: hat $\varphi$ die Länge 1, so ist $\varphi$ atomare Formel. Hier gilt (*) nach Konstruktion von $B$. +2. I.V.: Gelte (*) für alle Formeln der Länge $1$. $\Rightarrow$ Es gibt Formeln $\alpha$ und $\beta$ der Länge$ Lemma +> +> Sei $\Gamma$ eine Menge von Formeln und $\varphi$ eine Formel. Dann gilt $\Gamma\not\Vdash_B\varphi\Leftarrow\Rightarrow\Gamma\cup\{\lnot \varphi\}$ erfüllbar. + +Beweis: $\Gamma\not\Vdash_B\varphi$ +$\Leftarrow\Rightarrow$ es gibt passende B-Belegung $B$ mit $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\} \not\leq_B B(\varphi)$ +$\Leftarrow\Rightarrow$ es gibt passende B-Belegung $B$ mit $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\}= 1_B$ und $B(\varphi)=0_B$ +$\Leftarrow\Rightarrow$ es gibt passende B-Belegung $B$ mit $B(\gamma) = 1_B$ für alle $\gamma\in\Gamma$ und $B(\lnot\varphi) = 1_B$ +$\Leftarrow\Rightarrow \Gamma\cup\{\lnot\varphi\}$ erfüllbar + +> Beobachtung: +> Sei $W$ einer der Wahrheitswertebereiche $B, K_3, F, H_R$ und $B_R,\Gamma$ eine Menge von Formeln und $\varphi$ eine Formel. Dann gilt $\Gamma\Vdash W\varphi\Rightarrow\Gamma\Vdash B\varphi$. + +Beweis: Sei $B$ beliebige B-Belegung, die zu jeder Formel in $\Gamma\cup\{\varphi\}$ paßt. definiere W-Belegung $B_W$ durch $B_W(pi) = \begin{cases} 1_W \quad\text{ falls } B(p_i) = 1_B \\ 0_W \quad\text{ sonst} \end{cases}$. +per Induktion über die Formelgröße kann man für alle Formeln $\psi$, zu denen $B$ paßt, zeigen: +$B_W(\psi) = \begin{cases} 1_W \quad\text{ falls } B(\psi) = 1_B \\ 0_W \quad\text{ sonst.} \end{cases}$ (*) + +Wir unterscheiden zwei Fälle: +- $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\}= 1_B \Rightarrow inf\{B_W(\gamma)|\gamma\in\Gamma\} = 1_W$ (wegen (*)) + $\Rightarrow 1_W = B_W(\varphi)$ (wegen $\Gamma\Vdash_W\varphi$) + $\Rightarrow 1_B = B(\varphi)$ (wegen (*)) + $\Rightarrow inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\} = 1_B \leq B(\varphi)$ und +- $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\} \not= 1_B \Rightarrow inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\}= 0_B$ + $\Rightarrow inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\}= 0_B \leq B(\varphi)$. + +Da $B$ beliebig war, gilt $\Gamma\Vdash_B \varphi$. + +> Satz (Vollständigkeitssatz) +> +> Sei $\Gamma$ eine Menge von Formeln, $\varphi$ eine Formel und $W$ einer der Wahrheitswertebereiche $B,K_3 , F, B_R$ und $H_R$. Dann gilt $\Gamma\Vdash_W\varphi \Rightarrow \Gamma\vdash\varphi$. +> Insbesondere ist jede W-Tautologie ein Theorem. + +Beweis: indirekt +- $\Gamma\not\Vdash$ +- $\Gamma\cup\{\lnot\varphi\}$ konsistent +- $\exists\Delta\supseteq\Gamma\cup\{\lnot\varphi\}$ maximal konsistent +- $\Rightarrow\Delta$ erfüllbar +- $\Gamma\cup\{\lnot\varphi\}$ erfüllbar +- $\Gamma\not\Vdash_B \varphi$ +- $\Gamma\not\Vdash_W \varphi$ + +## Vollständigkeit und Korrektheit +> Satz +> +> Seien $\Gamma$ eine Menge von Formeln und $\varphi$ eine Formel. Dann gilt $\Gamma\vdash\varphi\Leftarrow\Rightarrow\Gamma\Vdash_B \varphi$. +> Insbesondere ist eine Formel genau dann eine B-Tautologie, wenn sie ein Theorem ist. + +Beweis: Folgt unmittelbar aus Korrektheitssatz und Vollständigkeitssatz. + +> Bemerkung: +> - gilt für jede „Boolesche Algebra“, z.B. $B_R$ +> - $\Gamma\vdash\varphi$ ohne ($raa$) $\Leftarrow\Rightarrow\Gamma\Vdash_{H_R} \varphi$ (Tarksi 1938) + + +### Folgerung 1: Entscheidbarkeit +> Satz: die Menge der Theoreme ist entscheidbar. + +Beweis: Sei $\varphi$ Formel und $V$ die Menge der vorkommenden atomaren Formeln. Dann gilt $\varphi$ Theorem +- $\Leftarrow\Rightarrow\varphi$ B-Tautologie +- $\Leftarrow\Rightarrow$ für alle Abbildungen $B:V\rightarrow\{0_B, 1_B\}$ gilt $B(\varphi) = 1_B$ + +Da es nur endlich viele solche Abbildungen gibt und $B(\varphi)$ berechnet werden kann, ist dies eine entscheidbare Aussage. + +### Folgerung 2: Äquivalenzen und Theoreme +> Definition +> +> Zwei Formeln $\alpha$ und $\beta$ heißen äquivalent $(\alpha\equiv\beta)$, wenn für alle passenden B-Belegungen $B$ gilt: $B(\alpha) =B(\beta)$. + +> Satz: Es gelten die folgenden Äquivalenzen: +> 1. $p_1 \vee p_2 \equiv p_2 \vee p_1$ +> 2. $(p_1 \vee p_2 )\vee p_3 \equiv p_1 \vee (p_2 \vee p_3 )$ +> 3. $p_1 \vee (p_2 \wedge p_3 )\equiv (p_1 \vee p_2 )\wedge (p_1 \vee p_3 )$ +> 4. $\lnot(p_1 \vee p_2 )\equiv\lnot p_1 \wedge\lnot p_2$ +> 5. $p_1 \vee p_1 \equiv p_1$ +> 6. $(p_1 \wedge \lnot p_1 )\vee p_2 \equiv p_2$ +> 7. $\lnot\lnot p_1\equiv p_1$ +> 8. $p_1 \wedge\lnot p_1 \equiv\bot$ +> 9. $p_1 \vee\lnot p_1 \equiv\lnot\bot$ +> 10. $p_1 \rightarrow p_2 \equiv \lnot p_1 \vee p_2$ + +Beweis: Wir zeigen nur die Äquivalenz (3): +Sei $B$ beliebige B-Belegung, die wenigstens auf $\{p_1, p_2, p_3\}$ definiert ist. +Dazu betrachten wir die Wertetabelle: +| $B(p_1)$ | $B(p_2)$ | $B(p_3)$ | $B(p_1\vee(p_2\wedge p_3))$ | $B((p_1\vee p_2)\wedge(p_1 \vee p_3 ))$ | +| --- | --- | --- | --- | --- | +$0_B$ | $0_B$ | $0_B$ | $0_B$ | $0_B$ +$0_B$ | $0_B$ | $1_B$ | $0_B$ | $0_B$ +$0_B$ | $1_B$ | $0_B$ | $0_B$ | $0_B$ +$0_B$ | $1_B$ | $1_B$ | $1_B$ | $1_B$ +$1_B$ | $0_B$ | $0_B$ | $1_B$ | $1_B$ +$1_B$ | $0_B$ | $1_B$ | $1_B$ | $1_B$ +$1_B$ | $1_B$ | $0_B$ | $1_B$ | $1_B$ +$1_B$ | $1_B$ | $1_B$ | $1_B$ | $1_B$ + +Die anderen Äquivalenzen werden analog bewiesen. + +Aus dieser Liste von Äquivalenzen können weitere hergeleitet werden: + +Beispiel: Für alle Formeln $\alpha$ und $\beta$ gilt $\lnot(\alpha\wedge\beta)\equiv\lnot\alpha\vee\lnot\beta$. + +Beweis: $\lnot(\alpha\wedge\beta) \equiv \lnot(\lnot\lnot\alpha\wedge\lnot\lnot\beta) \equiv \lnot\lnot(\lnot\alpha\vee\lnot\beta) \equiv \lnot\alpha\vee\lnot\beta$ + +> Bemerkung +> Mit den üblichen Rechenregeln für Gleichungen können aus dieser Liste alle gültigen Äquivalenzen hergeleitet werden. + +#### Zusammenhang zw. Theoremen und Äquivalenzen +> Satz +> +> Seien $\alpha$ und $\beta$ zwei Formeln. Dann gilt $\alpha\equiv\beta\Leftarrow\Rightarrow(\alpha\leftrightarrow\beta)$ ist Theorem. + +Beweis: $\alpha\equiv\beta$ +- $\Leftarrow\Rightarrow$ für alle passenden B-Belegungen $B$ gilt $B(\alpha)=B(\beta)$ +- $\Leftarrow\Rightarrow \{\alpha\}\Vdash_B\beta$ und $\{\beta\}\Vdash_B \alpha$ +- $\Leftarrow\Rightarrow \{\alpha\}\vdash\beta$ und $\{\beta\}\vdash\alpha$ (nach Korrektheits- und Vollständigkeitssatz) + +es bleibt z.z., dass dies äquivalent zu $\varnothing\vdash(\alpha\leftrightarrow\beta)$ ist. +- $\Rightarrow$: Wir haben also Deduktionen mit Hypothesen in $\{\alpha\}$ bzw. in $\{\beta\}$ und Konklusionen $\beta$ bzw.$\alpha$. Es ergibt sich eine hypothesenlose Deduktion von $\alpha\leftrightarrow\beta$: + ![](Assets/Logik-deduktion-1.png) +- $\Leftarrow$: Wir haben also eine hypothesenlose Deduktion von $\alpha\leftrightarrow\beta$. Es ergeben sich die folgenden Deduktionen mit Hypothesen $\beta$ bzw. $\alpha$ und Konklusionen $\alpha$ bzw. $\beta$: + ![](Assets/Logik-deduktion-2.png) + +> Satz +> +> Sei $\alpha$ eine Formel. Dann gilt $\alpha$ ist Theorem $\Leftarrow\Rightarrow\alpha\equiv\lnot\bot$. + +Beweis: $\alpha$ ist Theorem +- $\Leftarrow\Rightarrow\alpha$ ist B-Tautologie (Korrektheits- und Vollständigkeitssatz) +- $\Leftarrow\Rightarrow$ für alle passenden B-Belegungen $B$ gilt $B(\alpha) = 1_B$ +- $\Leftarrow\Rightarrow$ für alle passenden B-Belegungen $B$ gilt $B(\alpha) =B(\lnot\bot)$ +- $\Leftarrow\Rightarrow\alpha\equiv\lnot\bot$ + +### Folgerung 3: Kompaktheit +> Satz +> +> Seien $\Gamma$ eine u.U. unendliche Menge von Formeln und $\varphi$ eine Formel mit $\Gamma\Vdash_B\varphi$. Dann existiert $\Gamma′\subseteq\Gamma$ endlich mit $\Gamma′\Vdash_B \varphi$. + +Beweis: $\Gamma\Vdash_B\varphi$ +- $\Rightarrow\Gamma\vdash\varphi$ (nach dem Vollständigkeitssatz) +- $\Rightarrow$ es gibt Deduktion von $\varphi$ mit Hypothesen $\gamma_1,...,\gamma_n\in\Gamma$ +- $\Rightarrow\Gamma′=\{\gamma_1,...,\gamma_n\}\subseteq\Gamma$ endlich mit $\Gamma′\vdash\varphi$ +- $\Rightarrow\Gamma′\Vdash_B\varphi$ (nach dem Korrektheitssatz). + +> Folgerung (Kompaktheits- oder Endlichkeitssatz) +> +> Sei $\Gamma$ eine u.U. unendliche Menge von Formeln. Dann gilt $\Gamma$ unerfüllbar $\Leftarrow\Rightarrow\exists\Gamma′\subseteq\Gamma$ endlich: $\Gamma′$ unerfüllbar + +Beweis: $\Gamma$ unerfüllbar +- $\Leftarrow\Rightarrow\Gamma\cup\{\lnot\bot\}$ unerfüllbar +- $\Leftarrow\Rightarrow\Gamma\Vdash_B\bot$ +- $\Leftarrow\Rightarrow$ es gibt $\Gamma′\subseteq\Gamma$ endlich: $\Gamma′\Vdash_B\bot$ +- $\Leftarrow\Rightarrow$ es gibt $\Gamma′\subseteq\Gamma$ endlich: $\Gamma′\cup\{\lnot\bot\}$ unerfüllbar +- $\Leftarrow\Rightarrow$ es gibt $\Gamma′\subseteq\Gamma$ endlich: $\Gamma′$ unerfüllbar + + +### 1. Anwendung des Kompaktheitsatzes: Färbbarkeit +> Definition +> +> Ein Graph ist ein Paar $G=(V,E)$ mit einer Menge $V$ und $E\subseteq\binom{V}{2} =\{X\subseteq V:|V|=2 \}$. +> Für $W\subseteq V$ sei $G\upharpoonright_W= (W,E\cap\binom{W}{2})$ der von $W$ induzierte Teilgraph. +> Der Graph G ist 3-färbbar, wenn es eine Abbildung $f:V\rightarrow\{1,2,3\}$ mit $f(v)\not=f(w)$ für alle $\{v,w\}\in E$. + +Bemerkung: Die 3-Färbbarkeit eines endlichen Graphen ist NP-vollständig + +> Satz +> Sei $G= (N,E)$ ein Graph. Dann sind äquivalent +> 1. $G$ ist 3-färbbar. +> 2. Für jede endliche Menge $W\subseteq N$ ist $G\upharpoonright_W$ 3-färbbar. + +Beweis: +- $1.\Rightarrow 2.$ trivial +- $2.\Rightarrow 1.$ Sei nun, für alle endlichen Menge $W\subseteq N$, der induzierte Teilgraph $G\upharpoonright_W$ 3-färbbar. + +Wir beschreiben zunächst mit einer unendlichen Menge $\Gamma$ von Formeln, daß eine 3-Färbung existiert: +- atomare Formeln $p_{n,c}$ für $n\in N$ und $c\in\{1,2,3\}$ (Idee: der Knoten n hat die Farbe c) +- $\Gamma$ enthält die folgenden Formeln: + - für alle $n\in N:p_{n, 1} \vee p_{n, 2} \vee p_{n, 3}$ (der Knoten n ist gefärbt) + - für alle $n\in N:\bigwedge_{1\leq c< d \leq 3} \lnot(p_{n,c} \wedge p_{n,d})$ (der Knoten n ist nur mit einer Farbe gefärbt) + - für alle $\{m,n\}\in E: \bigwedge_{1\leq c\leq 3} \lnot(p_{m,c} \wedge p_{n,c})$ (verbundene Knoten m und n sind verschieden gefärbt) + + +Behauptung: Jede endliche Menge $\Delta\subseteq\Gamma$ ist erfüllbar. + +Begründung: +- Da $\Delta$ endlich ist, existiert endliche Menge $W\subseteq N$, so dass jede atomare Formel in $\Delta$ die Form $p_{n,c}$ für ein $n\in W$ und ein $c\in\{1,2,3\}$ hat. +- Nach Annahme existiert $f_W:W\rightarrow\{1,2,3\}$ mit $f_W(m) \not=f(n)$ f.a. $\{m,n\}\in E\cap\binom{W}{2}$. +- Definiere $B:\{p_{n,c}|n\in W, 1 \leq c\leq 3\}\rightarrow\{0,1\}$ durch $B(p_{n,c}) = \begin{cases} 1 \quad\text{ falls } f_W(n) = c \\ 0 \quad\text{ sonst.} \end{cases}$ +- Diese Belegung erfüllt $\Delta$, d.h. $\Delta$ ist erfüllbar, womit die Behauptung gezeigt ist. + +Nach dem Kompaktheitssatz ist also $\Gamma$ erfüllbar. +Sei $B$ erfüllende Belegung. Für $n\in N$ existiert genau ein $c\in\{1,2,3\}$ mit $B(p_{n,c}) =1$. Setze $f(n) =c$. Dann ist $f$ eine gültige Färbung des Graphen $G$. + +### 2. Anwendung des Kompaktheitsatzes: Parkettierungen +Idee: Gegeben ist eine Menge von quadratischen Kacheln mit gefärbten Kanten. Ist es möglich, mit diesen Kacheln die gesamte Ebene zu füllen,so dass aneinanderstoßende Kanten gleichfarbig sind? + +Berühmtes Beispiel: Mit diesen 11 Kacheln kann die Ebene gefüllt werden, aber dies ist nicht periodisch möglich. +![](Assets/Logik-parkettierung-1.png) + +> Definition +> +> Ein Kachelsystem besteht aus einer endlichen Menge C von „Farben“ und einer Menge K von Abbildungen $\{N,O,S,W\}\rightarrow C$ von „Kacheln“. +> Eine Kachelung von $G\subseteq Z\times Z$ ist eine Abbildung $f:G\rightarrow K$ mit +> - $f(i,j)(N) =f(i,j+ 1 )(S)$ für alle $(i,j),(i,j+ 1 )\in G$ +> - $f(i,j)(O) =f(i+ 1 ,j)(W)$ für alle $(i,j),(i+ 1 ,j)\in G$ + +> Satz +> +> Sei $K$ ein Kachelsystem. Es existiert genau dann eine Kachelung von $Z\times Z$, wenn für jedes $n\in N$ eine Kachelung von $\{(i,j) :|i|,|j| \leq n\}$ existiert. + +Beweis: +- $\Rightarrow$: trivial +- $\Leftarrow$: Wir beschreiben zunächst mit einer unendlichen Menge $\Gamma$ von Formeln, daß eine Kachelung existiert: + atomare Formeln $p_{k,i,j}$ für $k\in K$ und $i,j\in Z$ (Idee: an der Stelle $(i,j)$ liegt die Kachel $k$, d.h. $f(i,j) =k$) + Für alle $(i,j)\in Z$ enthält $\Gamma$ die folgenden Formeln: + - eine der Kacheln aus $K$ liegt an der Stelle $(i,j):\bigvee_{k\in K} p_{k,i,j}$ + - es liegen nicht zwei verschiedene Kacheln an der Stelle $(i,j): \bigwedge_{k,k′\in K,k\not=k′} \lnot(p_{k,i,j}\wedge p_{k′,i,j})$ + - Kacheln an Stellen $(i,j)$ und $(i,j+1)$ „passen übereinander“: $\bigvee_{k,k′\in K,k(N)=k′(S)} (p_{k,i,j}\wedge p_{k′,i,j+1})$ + - Kacheln an Stellen $(i,j)$ und $(i+1,j)$ „passen nebeneinander“: $\bigvee_{k,k′\in K,k(W)=k′(O)} (p_{k,i,j}\wedge p_{k′,i+1,j})$ + +Sei nun $\Delta\subseteq\Gamma$ endlich. +- $\Rightarrow$ es gibt $n\in N$, so daß $\Delta$ nur atomare Formeln der Form $p_{k,i,j}$ mit $|i|,|j|\leq n$ enthält. +- Voraussetzung $\Rightarrow$ es gibt Kachelung $g:\{(i,j) :|i|,|j| \leq n\}\rightarrow K$ für $k\in K$ und $|i|,|j|\leq n$ definiere $B(p_{k,i,j}) = \begin{cases} 1_B \quad\text{ falls } g(i,j) =k \\ 0_B \quad\text{ sonst} \end{cases}$ +- $\Rightarrow B(\sigma) = 1_B$ für alle $\sigma\in\Delta$ (da $g$ Kachelung) +- Also haben wir gezeigt, daß jede endliche Teilmenge von $\Gamma$ erfüllbar ist. +- Kompaktheitssatz $\Rightarrow$ es gibt B-Belegung $B$ mit $B(\gamma) = 1_B$ für alle $\gamma\in\Gamma$ +- $\Rightarrow$ es gibt Abbildung $f:Z\times Z\rightarrow K$ mit $f(i,j) =k \Leftarrow\Rightarrow B(p_{k,i,j}) = 1_B$. +- Wegen $B\Vdash\Gamma$ ist dies eine Kachelung. + +Weitere Anwendungen des Kompaktheitsatzes +- abz. partielle Ordnungen sind linearisierbar +- abz. Gleichungssystem über $\mathbb{Z}_2$ lösbar $\Leftarrow\Rightarrow$ jedes endliche Teilsystem lösbar +- Heiratsproblem +- Kőnigs Lemma (Übung) +- ... + +Bemerkung: Der Kompaktheitssatz gilt auch, wenn die Menge der atomaren Formeln nicht abzählbar ist. Damit gelten die obigen Aussagen allgemeiner: +- 3-Färbbarkeit: beliebige Graphen +- Linearisierbarkeit: beliebige partielle Ordnungen +- Lösbarkeit: beliebig große Gleichungssysteme über $\mathbb{Z}_2$ +- ...