Vorlesung 2

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@ -242,3 +242,210 @@ Es gilt also z.B.: $(\alpha\leftrightarrow\beta\vee\lnot\gamma\rightarrow\sigma\
Dennoch: Zu viele Klammern schaden i.A. nicht. Dennoch: Zu viele Klammern schaden i.A. nicht.
## Natürliches Schließen
Ein (mathematischer) Beweis zeigt, wie die Behauptung aus den Voraussetzungen folgt.
Analog zeigt ein "Beweisbaum" (= "Herleitung" = "Deduktion"), wie eine Formel der Aussagenlogik aus Voraussetzungen (ebenfalls Formeln der Aussagenlogik) folgt.
Diese "Deduktionen" sind Bäume, deren Knoten mit Formeln beschriftet sind:
- an der Wurzel steht die Behauptung (= Konklusion $\varphi$)
- an den Blättern stehen Voraussetzungen (= Hypothesen oder Annahmen aus $\Gamma$)
- an den inneren Knoten stehen "Teilergebnisse" und "Begründungen"
![](Assets/Logik-deduktionsbaum.png)
## Konstruktion von Deduktionen
Aus der Annahme der Aussage $\varphi$ folgt $\varphi$ unmittelbar: eine triviale Deduktion
$\varphi$ mit Hypothesen $\{\varphi\}$ und Konklusion $\varphi$.
Folgend werden wir
- überlegen, wie aus "einfachen mathematischen Beweisen" umfangreichere entstehen können und
- parallel dazudefinieren, wie aus einfachen Deduktionen umfangreichere konstruiert werden können.
### Konjunktion
#### Konjunktionseinführung in math. Beweisen
Ein mathematischer Beweis einer Aussage "$\varphi$ und $\psi$" sieht üblicherweise so aus:
- "Zunächst zeige ich $\varphi$: ... (hier steckt die eigentliche Arbeit)
- Jetzt zeige ich $\psi$: ... (nochmehr eigentliche Arbeit)
- Also haben wir "$\varphi$ und $\psi$" gezeigt. qed"
#### Konjunktionseinführung (ausführlich)
Ist D eine Deduktion von $\varphi$ mit Hypothesen aus $\Gamma$ und ist E eine Deduktion von $\psi$ mit Hypothesen aus $\Gamma$, so ergibt sich die folgende Deduktion von $\varphi\wedge\psi$ mit Hypothesen aus $\Gamma$:
![](Assets/Logik-konjunktionseinführung.png)
Kurzform: $\frac{\varphi\quad\psi}{\varphi\wedge\psi} (\wedge I)$
#### Konjunktionselimination (ausführlich)
Ist D eine Deduktion von $\varphi\wedge\psi$ mit Hypothesen aus $\Gamma$, so ergeben sich die folgenden Deduktionen von $\varphi$ bzw. von $\psi$ mit Hypothesen aus $\Gamma$:
![](Assets/Logik-Konjunktionselimination.png)
Kurzform: $\frac{\varphi\wedge\psi}{\varphi} (\wedge E_1) \quad\quad \frac{\varphi\wedge\psi}{\psi} (\wedge E_2)$
#### Beispiel
Wir zeigen $\varphi\wedge\psi$ unter der Hypothese $\psi\wedge\varphi$:...
![](Assets/Logik-Deduktionsbeispiel.png)
Dies ist eine Deduktion mit Konklusion $\varphi\wedge\psi$ und Hypothese $\psi\wedge\varphi$ (zweimal verwendet).
### Implikation
#### Implikationseinführung in math. Beweisen
Ein mathematischer Beweis einer Aussage "Aus $\varphi$ folgt $\psi$" sieht üblicherweise so aus:
- "Angenommen, $\varphi$ gilt.
- Dann ... (hier steckt die eigentliche Arbeit).
- Damit gilt $\psi$.
- Also haben wir gezeigt, dass $\psi$ aus $\varphi$ folgt. qed"
Die Aussage $\varphi$ ist also eine "temporäre Hypothese".
#### Implikationseinführung (ausführlich)
Ist D eine Deduktion von $\psi$ mit Hypothesen aus $\Gamma\cup\{\varphi\}$, so ergibt sich die folgende Deduktion von $\varphi\rightarrow\psi$ mit Hypothesen aus $\Gamma$:
![](Assets/Logik-Implikationseinführung.png)
Kurzform
$$[\varphi]$$
$$\vdots$$
$$\frac{\psi}{\varphi\rightarrow\psi} (\rightarrow I)$$
Beispiel: ... Dies ist eine Deduktion von $\varphi\rightarrow\varphi$ ohne Hypothesen.
#### Implikationselimination in math. Beweisen
Ein mathematischer Beweis einer Aussage "$\psi$ gilt" über eine Hilfsaussage sieht so aus:
- "Zunächst zeigen wir, dass $\varphi$ gilt: ...
- Dann beweisen wir, dass $\psi$ aus $\varphi$ folgt: ...
- Also haben wir $\psi$ gezeigt. qed"
#### Implikationselimination oder modus ponens (ausführlich)
Ist D eine Deduktion von $\varphi$ mit Hypothesen aus $\Gamma$ und ist E eine Deduktion von $\varphi\rightarrow\psi$ mit Hypothesen aus $\Gamma$, so ergibt sich die folgende Deduktion von $\psi$ mit Hypothesen aus $\Gamma$:
![](Assets/Logik-Implikationselimination.png)
Kurzform: $\frac{\varphi\quad \varphi\rightarrow\psi}{\psi} (\rightarrow E)$
#### Beispiel
![](Assets/Logik-Implikationseleimination-beispiel.png)
Bemerkung: die Indizes 1, 2 und 3 machen deutlich, welche Hypothese bei welcher Regelanwendung gestrichen wurde. Deduktionen können recht groß werden.
Diese Deduktion hat keine Hypothesen!
### Disjunktion
#### Disjunktionselimination oder Fallunterscheidung in math. Beweisen
Ein mathematischer Beweis einer Aussage "$\sigma$ gilt" mittels Fallunterscheidung sieht üblicherweise so aus:
- "Zunächst zeigen wir, dass $\varphi\vee\psi$ gilt: ...
- Gilt $\varphi$, so gilt $\sigma$, denn ...
- Gilt $\psi$, so gilt ebenfalls $\sigma$, denn ...
- Also haben wir gezeigt, dass $\sigma$ gilt. qed"
Die Aussagen $\varphi$ und $\psi$ sind also wieder "temporäre Hypothesen".
#### Disjunktionselimination oder Fallunterscheidung (ausführlich)
Ist D eine Deduktion von $\varphi\vee\psi$ mit Hypothesen aus $\Gamma$, ist E eine Deduktion von $\sigma$ mit Hypothesen aus $\Gamma\cup\{\varphi\}$und ist F eine Deduktion von $\sigma$ mit Hypothesen aus $\Gamma\cup\{\psi\}$, so ergibt sich die folgende Deduktion von $\sigma$ mit Hypothesen aus $\Gamma$:
![](Assets/Logik-Disjunktionselimination.png)
Disjunktionselimination Kurzform:
$$\quad [\psi] \quad[\varphi]$$
$$\quad \vdots \quad\vdots$$
$$\frac{\varphi\vee\psi \quad\sigma \quad\sigma}{\sigma} (\vee E)$$
Disjunktionseinführung (Kurzform)
$$\frac{\varphi}{\varphi\vee\psi} (\vee I_1) \quad \frac{\psi}{\varphi\vee\psi} (\vee I_2)$$
### Negation
#### Negationseinführung in math. Beweisen
Ein mathematischer Beweis einer Aussage "$\varphi$ gilt nicht" sieht so aus:
- "Angenommen,$\varphi$gilt.
- Dann folgt $0=1$, denn .... Mit anderen Worten, dies führt zu einem Widerspruch.
- Also haben wir gezeigt, dass $\varphi$ nicht gilt. qed"
-
Die Aussage $\varphi$ ist also wieder eine "temporäre Hypothese".
#### Negationseinführung (ausführlich)
Ist D eine Deduktion von $\bot$ mit Hypothesen aus $\Gamma\cup\{\varphi\}$, so ergibt sich die folgende Deduktion von $\lnot\varphi$ mit Hypothesen aus $\Gamma$:
![](Assets/Logik-Negationseinführung.png)
Kurzform:
$$[\varphi]$$
$$\vdots$$
$$\frac{\bot}{\lnot\varphi} (\lnot I)$$
#### Negationselimination (ausführlich)
Ist D eine Deduktion von $\lnot\varphi$ mit Hypothesen aus $\Gamma$ und ist E eine Deduktion von $\varphi$ mit Hypothesen aus $\gamma$, so ergibt sich die folgende Deduktion von $\bot$ mit Hypothesen aus $\Gamma$:
![](Assets/Logik-Negationselimination.png)
Kurzform: $\frac{\lnot\varphi \quad \varphi}{\bot} (\lnot E)$
### Falsum
Hat man "$0=1$" bewiesen, so ist man bereit, alles zu glauben: ex falso sequitur quodlibet
ausführlich: Ist D eine Deduktion von $\bot$ mit Hypothesen aus $\Gamma$, so ergibt sich die folgende Deduktion von $\varphi$ mit Hypothesen aus $\Gamma$:
![](Assets/Logik-Falsumeinführung.png)
Kurzform: $\frac{\bot}{\varphi} (\bot)$
#### math. Widerspruchsbeweis
Ein indirekter Beweis einer Aussage "$\varphi$ gilt" sieht üblicherweise so aus:
- "Angenommen, $\varphi$ gilt nicht, d.h. $\lnot\varphi$ gilt.
- Dann folgt $0=1$, d.h. ein Widerspruch.
- Also haben wir gezeigt, dass $\varphi$ gilt. qed"
Die Aussage $\lnot\varphi$ ist also wieder eine "temporäre Hypothese".
#### reductio ad absurdum (ausführlich)
Ist D eine Deduktion von $\bot$ mit Hypothesen aus $\Gamma\cup\{\lnot\varphi\}$, so ergibt sich die folgende Deduktion von $\varphi$ mit Hypothesen aus $\Gamma$:
![](Assets/Logik-reductio-ad-absurdum.png)
Kurzform:
$$[\lnot\varphi]$$
$$\vdots$$
$$\frac{\bot}{\varphi} (raa)$$
## Regeln des natürlichen Schließens
> Definition
>
> Für eine Formelmenge $\Gamma$ und eine Formel $\varphi$ schreiben wir $\Gamma\vdash\varphi$ wenn es eine Deduktion gibt mit Hypothesen aus $\Gamma$ und Konklusion $\varphi$. Wir sagen "$\varphi$ ist eine syntaktische Folgerung von $\Gamma$".
>
> Eine Formel $\varphi$ ist ein Theorem, wenn $\varnothing\vdash\varphi$ gilt.
### Bemerkung
$\Gamma\vdash\varphi$ sagt (zunächst) nichts über den Inhalt der Formeln in $\Gamma\cup\{\varphi\}$ aus, sondern nur über die Tatsache, dass $\varphi$ mithilfe des natürlichen Schließens aus den Formeln aus $\Gamma$ hergeleitet werden kann.
Ebenso sagt "$\varphi$ ist Theorem" nur, dass $\varphi$ abgeleitet werden kann, über "Wahrheit" sagt dieser Begriff (zunächst) nichts aus.
### Satz
Für alle Formeln $\varphi$ und $\psi$ gilt $\{\lnot(\varphi\vee\psi)\}\vdash\lnot\varphi\wedge\lnot\psi$.
Beweis: Wir geben eine Deduktion an...
- $\{\lnot\varphi\wedge\lnot\psi\}\vdash\lnot(\varphi\vee\psi)$
![](Assets/Logik-beispiel-1.png)
- $\{\lnot\varphi\vee\lnot\psi\}\vdash\lnot(\varphi\wedge\psi)$
![](Assets/Logik-beispiel-2.png)
- $\{\varphi\vee\psi\} \vdash \psi\vee\varphi$
![](Assets/Logik-beispiel-3.png)
### Satz
Für jede Formel $\varphi$ ist $\lnot\lnot\varphi\rightarrow\varphi$ ein Theorem.
Beweis: Wir geben eine Deduktion mit Konklusion $\lnot\lnot\varphi\rightarrow\varphi$ ohne Hypothesen an...
### Satz
Für jede Formel $\varphi$ ist $\varphi\vee\lnot\varphi$ ein Theorem.
Beweis: Wir geben eine Deduktion mit Konklusion $\varphi\vee\lnot\varphi$ ohne Hypothesen an...
Bemerkung: Man kann beweisen, dass jede Deduktion der letzten beiden Theoreme die Regel (raa) verwendet, sie also nicht "intuitionistisch" gelten.
### Satz
$\{\lnot(\varphi\wedge\psi)\}\vdash\lnot\varphi\vee\lnot\psi$
![](Assets/Logik-beispiel-4.png)