diff --git a/Assets/Logik-beispiel-7.png b/Assets/Logik-beispiel-7.png new file mode 100644 index 0000000..6c3e4f0 Binary files /dev/null and b/Assets/Logik-beispiel-7.png differ diff --git a/Logik und Logikprogrammierung.md b/Logik und Logikprogrammierung.md index d83d2b6..519571f 100644 --- a/Logik und Logikprogrammierung.md +++ b/Logik und Logikprogrammierung.md @@ -529,7 +529,7 @@ Bemerkung: In jedem Verband $(W,\leq)$ gelten $0_W= sup\ \varnothing$ und $1_W= - Der Boolesche Wahrheitswertebereich $B_R$ ist definiert durch die Grundmenge $B_R=\{A|A\subseteq \mathbb{R}\}$ mit der Ordnung $\subseteq$ und durch die Funktionen $\lnot_{B_R} (A) =\mathbb{R}\backslash A$, $\rightarrow_{B_R} (A,B) = B\cup\mathbb{R}\backslash A$. Hier gelten: - $0_{B_R}=\varnothing$, $1_{B_R}=\mathbb{R}$ - $A\wedge_{B_R} B=A\cap B$, $A\vee_{B_R} B=A\cup B$ -- Der Heytingsche Wahrheitswertebereich $H_R$ ist definiert durch die Grundmenge $HR=\{A\subseteq\mathbb{R} | \text{A ist offen}\}$, die Ordnung $\subseteq$ und durch die Funktionen $\lnot_{H_R} (A) = Inneres(\mathbb{R}\backslash A)$, $\rightarrow_{H_R} (A,B) =Inneres(B\cup \mathbb{R}\backslash A)$. Hier gelten: +- Der Heytingsche Wahrheitswertebereich $H_R$ ist definiert durch die Grundmenge $H_{mathbb{R}} =\{A\subseteq\mathbb{R} | \text{A ist offen}\}$, die Ordnung $\subseteq$ und durch die Funktionen $\lnot_{H_R} (A) = Inneres(\mathbb{R}\backslash A)$, $\rightarrow_{H_R} (A,B) =Inneres(B\cup \mathbb{R}\backslash A)$. Hier gelten: - $0_{H_R}=\varnothing$, $1_{H_R}=\mathbb{R}$ - $A\wedge_{H_R} B= A\cap B$, $A\vee_{H_R} B=A\cup B$ - Erinnerung: $Inneres(A) =\{a\in A|\exists \epsilon > 0 : (a-\epsilon,a+\epsilon)\subseteq A\}$ @@ -550,7 +550,7 @@ Beispiel: Betrachte die Formel $\phi= ((p\wedge q)\rightarrow (q\wedge p))$. - Für eine beliebige B-Belegung $B:\{p,q\}\rightarrow B$ gilt $B((p\wedge q)\rightarrow (q\wedge p)) = max(B(q\wedge p), 1 -B(p\wedge q)) = max(min(B(q),B(p)), 1 -min(B(p),B(q))) = 1 = 1_B$ - Für die $K_3$-Belegung $B:\{p,q\}\rightarrow K_3$ mit $B(p) =B(q) = \frac{1}{2}$} gilt $B((p\wedge q)\rightarrow (q\wedge p)) = max(B(q\wedge p), 1 -B(p\wedge q))= max(min(B(q),B(p)), 1 -min(B(p),B(q))) = \frac{1}{2} \not= 1_{K_3}$ - analog gibt es eine F-Belegung $B:\{p,q\}\rightarrow F$, so dass $B((p\wedge q)\rightarrow (q\wedge p)) \not = 1_F$ gilt. -- Für eine beliebigeHR-Belegung $B:\{p,q\}\rightarrow H_R$ gilt $B((p\wedge q)\rightarrow (q\wedge p)) = Inneres(B(q\wedge p)\cup \mathbb{R}\backslash B(p\wedge q)) = Inneres((B(q)\cap B(p))\cup \mathbb{R}\backslash (B(p)\cap B(q))) = Inneres(\mathbb{R}) = \mathbb{R} = 1_{H_R}$ +- Für eine beliebige $H_{mathbb{R}}$-Belegung $B:\{p,q\}\rightarrow H_R$ gilt $B((p\wedge q)\rightarrow (q\wedge p)) = Inneres(B(q\wedge p)\cup \mathbb{R}\backslash B(p\wedge q)) = Inneres((B(q)\cap B(p))\cup \mathbb{R}\backslash (B(p)\cap B(q))) = Inneres(\mathbb{R}) = \mathbb{R} = 1_{H_R}$ ## Folgerung und Tautologie Sei W ein Wahrheitswertebereich. @@ -640,7 +640,206 @@ Zusammenfassung der Beispiele - $\Gamma\vdash\phi$ syntaktische Folgerung - Theorem („hypothesenlos ableitbar“) - $\Gamma\Vdash_W \phi$ (semantische) W-Folgerung - - W-Tautologie („wird immer zu 1Wausgewertet“) + - W-Tautologie („wird immer zu $1_W$ ausgewertet“) Frage: Was ist die Beziehung zwischen diesen Begriffen, insbes. zwischen „Theorem“ und „W-Tautologie“? Da z.B. B-Folgerung $\not =K_3$-Folgerung, hängt die Anwort von W ab. +## Korrektheit +Können wir durch mathematische Beweise zu falschen Aussagenkommen? + +Können wir durch das natürliche Schließen zu falschen Aussagen kommen? + +Existiert eine Menge $\Gamma$ von Formeln und eine Formel $\varphi$ mit $\Gamma\vdash\varphi$ und $\Gamma\not\Vdash_W \varphi$? Für welche Wahrheitswertebereiche W? + +Frage für diese Vorlesung: Für welche Wahrheitswertebereiche W gilt +$$\Gamma\vdash\varphi\Rightarrow\Gamma\vdash_W \varphi$$ +bzw. +$\varphi$ ist Theorem $\Rightarrow\varphi$ ist W-Tautologie? + +Beispiel: Betrachte den Kleeneschen Wahrheitswertebereich $K_3$. +- Sei $p$ atomare Formel. + $\frac{[p]^4}{p\rightarrow p}$ + Also gilt $\varnothing\vdash p\rightarrow p$, d.h. $p\rightarrow p$ ist Theorem. +- Sei $B$ $K_3$-Belegung mit $B(p)=\frac{1}{2}$. Dann gilt $B(p\rightarrow p) = max(B(p), 1-B(p)) =\frac{1}{2}$, also $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\varnothing\}= 1 >\frac{1}{2} = B(p\rightarrow p)$. + Damit haben wir gezeigt $\varnothing\not\Vdash_{K_3} p\rightarrow p$. + +Die Implikation $\Gamma\vdash\varphi\Rightarrow\Gamma\vdash_W \varphi$ gilt also NICHT für den Kleeneschen Wahrheitswertebereich $W=K_3$ und damit auch NICHT für den Wahrheitswertebereich der Fuzzy-Logik $F$. + +> Korrektheitslemma für nat. Schließen & Wahrheitswertebereich B +> +> Sei $D$ eine Deduktion mit Hypothesen in der Menge $\Gamma$ und Konklusion $\varphi$. Dann gilt $\Gamma\vdash_B \varphi$, d.h. $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\}\leq B(\varphi)$ für alle passenden B-Belegungen $B$. + +Beweis: Induktion über die Größe der Deduktion $D$ (d.h. Anzahl der Regelanwendungen). +- I.A.: die kleinste Deduktion $D$ hat die Form $\varphi$ mit Hypothese $\varphi$ und Konklusion $\varphi$. Sei $B$ passendeB-Belegung. Hypothesen von $D$ in $\Gamma\Rightarrow\varphi\in\Gamma\Rightarrow inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\}\leq B(\varphi)\Rightarrow\Gamma\vdash_B \varphi$ +- I.V.: Behauptung gelte für alle Deduktionen, die kleiner sind als $D$. +- I.S.: Wir unterscheiden verschiedene Fälle, je nachdem, welche Regel als letzte angewandt wurde. + - $(\wedge I)$ Die Deduktion hat die Form $\frac{\alpha\quad\beta}{\alpha\wedge\beta}$ + mit $\varphi=\alpha\wedge\beta$. Sei $B$ passende B-Belegung. Nach IV gelten $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\}\leq B(\alpha)$ und $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\}\leq B(\beta)$ + und damit + $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\}\leq B(\alpha)\wedge_B B(\beta)=B(\alpha\wedge\beta) =B(\varphi)$. + Da $B$ beliebig war, haben wir $\Gamma\vdash_B \varphi$ gezeigt. + - $(\vee E)$ Die Deduktion $D$ hat die Form $\frac{\alpha\vee\beta\quad\phi\quad\phi}{\phi}$ + Also gibt es Deduktion $E$ mit Hypothesen in $\Gamma$ und Konklusion $\alpha\vee\beta$ und Deduktionen $F$ und $G$ mit Hypothesen in $\Gamma\cup\{\alpha\}$ bzw. $\Gamma\cup\{\beta\}$ und Konklusion $\varphi$. Sei $B$ passende B-Belegung. Nach IV gelten + $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\}\leq B(\alpha\vee\beta)$ (1) + $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\cup\{\alpha\}\}\leq B(\varphi)$ (2) + $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\cup\{\beta\}\}\leq B(\varphi)$ (3) + Wir unterscheiden zwei Fälle: + - $B(\alpha)\leq B(\beta)$: + $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\}\leq B(\alpha\vee\beta) =B(\alpha)\vee_B B(\beta) =B(\beta)$ impliziert + $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\}= inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\cup\{\beta\}\}\leq B(\varphi)$ + - $B(\alpha)>B(\beta)$: analog + Da $B$ beliebig war, haben wir $\Gamma\vdash_B \varphi$ gezeigt. + - $(\rightarrow I)$ Die DeduktionDhat die Form $\frac{\beta}{\alpha\rightarrow\beta}$ + mit $\varphi=\alpha\rightarrow\beta$. Sei $B$ eine passende B-Belegung. Nach IV gilt + $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\cup\{\alpha\}\}\leq B(\beta)$ + Wir unterscheiden wieder zwei Fälle: + - $B(\alpha)=0:inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\}\leq 1 =\rightarrow_B(B(\alpha),B(\beta)) = B(\alpha\rightarrow\beta) =B(\varphi)$ + - $B(\alpha)=1:inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\}=inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\cup\{\alpha\}\}\leq B(\beta) =\rightarrow_B (B(\alpha),B(\beta)) = B(\alpha\rightarrow\beta) =B(\varphi)$ + Da $B$ beliebig war, habe wir $\Gamma\vdash_B \varphi$ gezeigt. + - $(raa)$ Die DeduktionDhat die Form $\frac{\bot}{\phi}$ + Sei $B$ eine passende B-Belegung. Nach IV gilt $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\cup\{\lnot\varphi\}\}\leq B(\bot) = 0$. + Wir unterscheiden wieder zwei Fälle: + - $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\}=0$: dann gilt $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\}\leq B(\varphi)$. + - $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\}=1$: Wegen $inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\cup\{\lnot\varphi\}\}=0$ folgt $0 =B(\lnot\varphi)=\lnot_B (B(\varphi))$ und daher $B(\varphi)=1\geq inf\{B(\gamma)|\gamma\in\Gamma\}$. + Da $B$ beliebig war, haben wir $\Gamma\vdash_B \varphi$ gezeigt. + +Ist die letzte Schlußregel in der Deduktion $D$ von der Form $(\wedge I), (\vee E), (\rightarrow I)$ oder $(raa)$, so haben wir die Behauptung des Lemmas gezeigt. Analog kann dies für die verbleibenden Regeln getan werden. + +> Korrektheitssatz für natürliches Schließen & Wahrheitswertebereich $B$ +> +> Für jede Menge von Formeln $\Gamma$ und jede Formel $\varphi$ gilt $\Gamma\vdash\varphi\Rightarrow\Gamma\vdash_B\varphi$. + +Beweis: Wegen $\Gamma\vdash\varphi$ existiert eine Deduktion $D$ mit Hypothesen in $\Gamma$ und Konklusion $\varphi$. Nach dem Korrektheitslemma folgt $\Gamma\vdash_B \varphi$. + + +> Korollar: Jedes Theorem ist eine B-Tautologie. + +> Korrektheitssatz für natürliches Schließen & Wahrheitswertebereich $B$ +> +> Für jede Menge von Formeln $\Gamma$ und jede Formel $\varphi$ gilt $\Gamma\vdash\varphi\Rightarrow\Gamma\vdash_{B_\mathbb{R}}\varphi$. + +Beweis: +1. Variante: verallgemeinere den Beweis von Korrektheitslemma und Korrektheitssatz für $B$ auf $B_\mathbb{R}$ (Problem: wir haben mehrfach ausgenutzt, dass $B=\{0,1\}$ mit $0<1$) +2. Variante: Folgerung aus Korrektheitssatz für $B$. + +> Korollar: Jedes Theorem ist eine $B_\mathbb{R}$-Tautologie. + +> Korrektheitslemma für nat. Schließen & Wahrheitswertebereich $H_{mathbb{R}}$ +> +> Sei $D$ eine Deduktion mit Hypothesen in der Menge $\Gamma$ und Konklusion $\varphi$, die die Regel $(raa)$ nicht verwendet. Dann gilt $\Gamma\vdash_{H_\mathbb{R}}\varphi$. + +Beweis: ähnlich zum Beweis des Korrektheitslemmas für den Wahrheitswertebereich B. Nur die Behandlung der Regel $(raa)$ kann nicht übertragen werden. + +Beispiel: Sei $p$ eine atomare Formel. +![](Assets/Logik-beispiel-7.png) +Also gilt $\{\lnot\lnot p\}\vdash p$, d.h. $p$ ist syntaktische Folgerung von $\lnot\lnot p$. +- Sei $B$ $H_{mathbb{R}}$-Belegung mit $B(p)=\mathbb{R}\backslash\{0\}$. +- $\Rightarrow B(\lnot\lnot p) =\mathbb{R}\not\subseteq \mathbb{R}\backslash\{0\}=B(p)$ +- $\Rightarrow\lnot\lnot p\not\Vdash_{H_{mathbb{R}}} p$, d.h. $p$ ist keine $H_{mathbb{R}}$ -Folgerung von $\lnot\lnot p$. + +> Korrektheitssatz für nat. Schließen & Wahrheitswertebereich $H_{mathbb{R}}$ +> +> Für jede Menge von Formeln $\Gamma$ und jede Formel $\varphi$ gilt $\Gamma\vdash\varphi$ ohne $(raa)$ $\Rightarrow\Gamma\vdash_{H_{mathbb{R}}}\varphi$. + +> Korollar: Jedes $(raa)$-frei herleitbare Theorem ist eine $H_{mathbb{R}}$-Tautologie. + +Folgerung: Jede Deduktion der Theoreme $\lnot\lnot\varphi\rightarrow\varphi$ und $\varphi\vee\lnot\varphi$ ohne Hypothesen verwendet $(raa)$. + + +## Vollständigkeit +Können wir durch mathematische Beweise zu allen korrekten Aussagen kommen? + +Können wir durch das natürliche Schließen zu allen korrekten Aussagen kommen? + +Existiert eine Menge $\Gamma$ von Formeln und eine Formel $\varphi$ mit $\Gamma\vdash_W\varphi$ und $\Gamma\not\vdash\varphi$? Für welche Wahrheitswertebereiche $W$? + +Frage für diese Vorlesung: Für welche Wahrheitswertebereiche $W$ gilt $\Gamma\vdash_W \varphi\Rightarrow\Gamma\vdash\varphi$ bzw. $\varphi$ ist $W$-Tautologie $\Rightarrow\varphi$ ist Theorem? + +### Plan +- Sei $W$ einer der Wahrheitswertebereiche $B,K_3 ,F ,B_\mathbb{R}, H_{mathbb{R}}$. +- z.z. ist $\Gamma\vdash_W\varphi\Rightarrow\Gamma\vdash\varphi$. +- dies ist äquivalent zu $\Gamma\not\vdash\varphi\Rightarrow\Gamma\not\Vdash_W \varphi$. +- hierzu gehen wir folgendermaßen vor: + - $\Gamma \not\Vdash_W\varphi$ + - $\Leftrightarrow$ $\Gamma\cup\{\lnot\varphi\}$ konsistent + - $\Rightarrow$ $\exists\Delta\subseteq\Gamma\cup\{\lnot\varphi\}$ maximal konsistent + - $\Rightarrow$ $\Delta$ erfüllbar + - $\Rightarrow$ $\Gamma\cup\{\lnot\varphi\}$ erfüllbar + - $\Leftrightarrow$ $\Gamma\not\Vdash_B \varphi$ + - $\Rightarrow$ $\Gamma\not\Vdash\varphi$ + +### Konsistente Mengen +> Definition +> +> Sei $\Gamma$ eine Menge von Formeln. $\Gamma$ heißt inkonsistent, wenn $\Gamma\vdash\bot$ gilt. Sonst heißt $\Gamma$ konsistent. + +> Lemma +> +> Sei $\Gamma$ eine Menge von Formeln und $\varphi$ eine Formel. Dann gilt $\Gamma\not\vdash\varphi \Leftrightarrow \Gamma\cup\{\lnot\varphi\}$ konsistent. + +Beweis: Wir zeigen „$\Gamma\vdash\varphi\Leftrightarrow \Gamma\cup\{\lnot\varphi\}$ inkonsistent“: +- Richtung „$\Rightarrow$“, gelte also $\Gamma \vdash \varphi$. + - $\Rightarrow$ es gibt Deduktion $D$ mit Hypothesen in $\Gamma$ und Konklusion $\varphi$ + - $\Rightarrow$ Wir erhalten die folgende Deduktion mit Hypothesen in $\Gamma\cup\{\lnot\varphi\}$ und Konklusion $\bot$: $\frac{\lnot\varphi\quad\varphi}{\bot}$ + - $\Rightarrow\Gamma\cup\{\lnot\varphi\}\vdash\bot$, d.h.$\Gamma\cup\{\lnot\varphi\}$ ist inkonsistent. +- Richtung „$\Leftarrow$“, sei also $\Gamma\cup\{\lnot\varphi\}$ inkonsistent. + - $\Rightarrow$ Es gibt Deduktion $D$ mit Hypothesen in $\Gamma\cup\{\lnot\varphi\}$ und Konklusion $\bot$. + - $\Rightarrow$ Wir erhalten die folgende Deduktion mit Hypothesen in $\Gamma$ und Konklusion $\varphi$: $\frac{\bot}{\varphi}$ + - $\Gamma\vdash\varphi$ + +### Maximal konsistente Mengen +> Definition +> +> Eine Formelmenge $\Delta$ ist maximal konsistent, wenn sie konsistent ist und wenn gilt „$\sum\subseteq\Delta$ konsistent $\Rightarrow\sum = \Delta$“. + +> Satz +> +> Jede konsistente Formelmenge $\Gamma$ ist in einer maximal konsistenten Formelmenge $\Delta$ enthalten. + +Beweis: Sei $\varphi_1,\varphi_2,...$ eine Liste aller Formeln (da wir abzählbar viele atomare +Formeln haben, gibt es nur abzählbar viele Formeln) + +Wir definieren induktiv konsistente Mengen $\Gamma_n$: +- Setze $\Gamma_1 = \Gamma$ +- Setze $\Gamma_{n+1}= \begin{cases} \Gamma_n\cup\{\varphi_n\}\quad\text{ falls diese Menge konsistent} \\ \Gamma_n \quad\text{sonst}\end{cases}$ + +Setze nun $\Delta =\bigcup_{n\geq 1} \Gamma_n$. +1. Wir zeigen indirekt, dass $\Delta$ konsistent ist: Angenommen, $\Delta\vdash\bot$. + - $\Rightarrow$ Es gibt Deduktion $D$ mit Konklusion $\bot$ und endlicher Menge von Hypothesen $\Delta'\subseteq\Delta$. + - $\Rightarrow$ Es gibt $n\geq 1$ mit $\Delta'\subseteq\Gamma_n$ + - $\Rightarrow \Gamma_n\vdash\bot$, zu $\Gamma_n$ konsistent. Also ist $\Delta$ konsistent. +2. Wir zeigen indirekt, dass $\Delta$ maximal konsistent ist. Sei also $\sum\supseteq\Delta$ +konsistent. Angenommen, $\sum\not=\Delta$. + - $\Rightarrow$ es gibt $n\in N$ mit $\varphi_n\in\sum\backslash\Delta$ + - $\Rightarrow \Gamma_n\cup\{\varphi_n\}\subseteq\Delta\cup\sum= \sum$ konsistent. + - $\Rightarrow \varphi_n \in\Gamma_{n+1}\subseteq \Delta$, ein Widerspruch, d.h. $\Delta$ ist max. konsistent. + +> Lemma 1 +> +> Sei $\Delta$ maximal konsistent und gelte $\Delta\vdash\varphi$. Dann gilt $\varphi\in\Delta$. + +Beweis: +1. Zunächst zeigen wir indirekt, dass $\Delta\cup\{\varphi\}$ konsistent ist: + - Angenommen, $\Delta\cup\{\varphi\}\vdash\bot$. + - $\Rightarrow$ $\exists$ Deduktion $D$ mit Hypothesen in $\Delta\cup\{\varphi\}$ und Konklusion $\bot$. + - $\Delta\vdash \varphi \Rightarrow \exists$ Deduktion $E$ mit Hypothesen in $\Delta$ und Konklusion $\varphi$. + - $\Rightarrow$ Wir erhalten die folgende Deduktion: $\frac{\Delta \frac{\Delta}{\varphi}}{\bot}$ + + Also $\Delta\vdash\bot$, ein Widerspruch zur Konsistenz von $\Delta$. Also ist $\Delta\cup\{\varphi\}$ konsistent. + +2. Da $\Delta\cup\{\varphi\}\subseteq\Delta$ konsistent und $\Delta$ maximal konsistent ist, folgt $\Delta=\Delta\cup\{\varphi\}$, d.h. $\varphi\in\Delta$. + +> Lemma 2 +> +> Sei $\Delta$ maximal konsistent und $\varphi$ Formel. Dann gilt $\varphi\not\in\Delta\Leftrightarrow\lnot\varphi\in\Delta$. + +Beweis: +- Zunächst gelte $\lnot\varphi\in\Delta$. Angenommen, $\varphi\in\Delta$. Dann haben wir die Deduktion $\frac{\lnot\varphi\quad\varphi}{\bot}$ + + und damit $\Delta\vdash\bot$, was der Konsistenz von $\Delta$ widerspricht. +- Gelte nun $\varphi\not\in\Delta$. + - $\Rightarrow$ $\Delta(\Delta\cup\{\varphi\}\Rightarrow\Delta\cup\{\varphi\}$ inkonsistent (da $\Delta$ max. konsistent) + - $\Rightarrow$ Es gibt Deduktion $D$ mit Hypothesen in $\Delta\cup\{\varphi\}$ &Konklusion $\bot$. + - $\Rightarrow$ Wir erhalten die folgende Deduktion: $\frac{\bot}{\lnot\varphi}$ + - $\Rightarrow$ $\Delta\vdash\lnot\varphi\Rightarrow\lnot\varphi\in\Delta$ (nach Lemma 1) +